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Technische Bürsten GmbH: Innovatives zirkuläres Geschäftsmodell für ein Traditionsunternehmen

Herausforderung: Transformation eines Traditionsunternehmens

Ein Traditionsunternehmen mit knapp 190 Jahren Historie zu transformieren und zukunftsfähig zu positionieren, mag in mancherlei Hinsicht einer Hiobsaufgabe gleichen. Für den gelernten Ingenieur Matthias Bahl jedoch genau die richtige Herausforderung. Nach dem Studium und diversen Arbeitsstationen kehrte er mit der Intention, etwas zurückzugeben und nachhaltig zu bewirken zurück in seine Heimat. In der eher strukturschwachen Region Lausitz liegt ein Fokus im Erhalt von Arbeitsplätzen. Das Engagement von Mathias Bahl geht jedoch darüber hinaus. Der gelernte Ingenieur möchte das Unternehmen Technische Bürsten GmbH (TBS), welches für die Produktion von qualitativ hochwertigen Industriebürsten bekannt ist, für die Zukunft wappnen. Im Zuge einer Produktionsanalyse wurde deutlich, dass bei der Herstellung der Bürstenkörper ein hoher Holzausschuss entsteht. Dieser Ausschuss, welcher sich auf rund 70% aggregiert, impliziert nicht nur hohe ökonomische Ausfälle für das Unternehmen, sondern führt darüber hinaus auch zu signifikanten ökologischen Einbußen.

Zielsetzung: Etablierung einer nachhaltigen Geschäftsmodellerweiterung

Auf der Grundlage dieser Daten erkannte das TBS Team, dass der entstehende Holzüberschuss Potential für eine nachhaltige Geschäftsmodellinnovation birgt. Da im Zuge der Etablierung von kreiswirtschaftlichen Prinzipen (wie beispielsweise Recycling), der direkte Kontakt zu Kund:innen zentral ist, entschloss sich das Team Produkte nicht nur wie bisher über den Großhandel (B2B) sondern auch direkt an Endkund:innen (B2C) zu vertreiben. Während die Vision eine kreislauffähige Geschäftsmodellerweiterung zu schaffen schnell im Unternehmen diffundierte, implizierte die Operationalisierung derer einen komplexen Transformationsprozess. Zum einen musste eine integrierte Nachhaltigkeitsstrategie definiert werden, welche die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit beinhaltet. Zum anderen musste der Aufbau eines digitalen Direktvertriebs angestoßen werden, welcher den Zugang zu neuen Kundengruppen ermöglichte. Aber wie genau gestaltete sich die operationale Umsetzung?

Lösungsansatz: Analyse der Wertschöpfungskette und Entwicklung eines kundenzentrierten Wertangebots

Phase 1: Analyse der Wertschöpfungskette

In einem ersten Schritt unterstützen das Mittelstand 4.0 Kompetenzzentrum eStandards und das Mittelstand 4.0 Kompetenzzentrum Cottbus das Unternehmen bei einer ganzheitlichen Analyse der Wertschöpfungskette. Eine Betrachtung der Wertschöpfungskette bietet tiefgreifende Einblicke hinsichtlich nachhaltigkeitsrelevanter Herausforderungen und Potentiale. Von der Rohstoffgewinnung über die Produktion bis hin zu der Nutzung durch den Konsumenten sowie der anschließenden Entsorgung bzw. des Recyclings werden alle Phasen des Produktlebenszyklus analysiert. Im Rahmen der Analyse werden so Handlungsfelder in den Bereichen Ökonomie, Soziales und Ökologie identifiziert und priorisiert. In einem zweiten Schritt werden die einzelnen Handlungsfelder sortiert und für die Umsetzung relevante Aktivitäten, Stakeholder und der geplante Ressourcen- und Zeitinvest evaluiert. Zudem wird identifiziert, welche Partnerschaften TBS bei der Umsetzung unterstützen können. Letztlich werden einzelne Handlungsfelder übersichtlich im Rahmen einer Timeline dargestellt. Das Ergebnis ist eine Roadmap welche dem Unternehmen als Grundlage dient das Thema Nachhaltigkeit strategisch umzusetzen.

Phase 2: Entwicklung eines kundenzentrierten nachhaltigen Wertangebots

Die zweite Umsetzungsphase widmet sich der Gestaltung und Kommunikation des neuen Produktportfolios und Geschäftsmodels. Das TBS Team entschloss sich das entstehende Geschäftsmodell unter einer neuen Marke zu etablieren. Da mit dem Vertrieb von zirkulären Produkten der Endkunde in den Vordergrund rückte, wird bereits im Zuge der Projektphase ein neuer Onlineshop, welcher direkten Kundenkontakt ermöglicht, aufgebaut. Dass sich das zirkuläre Produktportfolio an eine neue Kundengruppe richtete, war dem Unternehmen bewusst. Doch wie genau sieht diese neue Kundengruppe aus und wie gestaltet sich eine effektive Ansprache? In einer Brainstorming Session mit den zwei Kompetenzzentren werden potenzielle Zielgruppen identifiziert, geordnet und priorisiert. Basierend auf ausgewählten Kundensegmenten entwickelt das Team fiktive Personas, welche potenzielle Kunden darstellten. Mittels Empathy Mapping kann das Team ein qualitatives Verständnis für die Bedürfnisse der ausgewählten Personas entwickeln. Auf Grundlage dieses Verständnisses kann anschließend eine Anpassung des Produktportfolios vorgenommen sowie eine Kommunikationsstrategie für den Direktvertrieb via Räucherwelt.eu ausgearbeitet werden.

In einem nächsten Schritt wird mittels des Sustainable Value Proposition Canvas die zielgruppenspezifische Kommunikation, welche sich mitunter auf der anfänglich definierten Nachhaltigkeitsstrategie begründet, verfeinert. Dem Traditionsunternehmen TBS gelingt es somit in kurzer Zeit eine Geschäftsmodellerweiterung zu etablieren, welche nicht nur eine Diversifizierung des eigenen Produktangebotes ermöglicht, sondern auch eine nachhaltige und zukunftsfähige Positionierung des Unternehmens sicherstellt.

Zitat Mathias Bahl, Geschäftsführung Technische Bürsten GmbH Spremberg

“Ein Unternehmen zu übernehmen und im Sinne der Nachhaltigkeit umzustrukturieren erfordert eine ehrliche und ungeschönte Auseinandersetzung mit den täglichen Prozessen. Was möchten wir erhalten!? Was besser erneuern!? Und wie können wir und sinnvoll erweitern!? Das sind die Fragen und Herausforderungen denen wir uns täglich stellen.“

Das Mittelstand 4.0 Kompetenzzentrum eStandards für das Praxisprojekt gemeinsam mit dem Mittelstand 4.0 Kompetenzzentrum Cottbus durch, welche auch Teil der Initiative Mittelstand Digital ist.

 

Projektlaufzeit

Q2-Q4 2021


Copyright: Technische Bürsten GmbH

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