Logo Mittelstand Digital Zentrum WertNetzWerke
Blog

Blockchain im Mittelstand: Expertengespräch mit PIEL

Symbolbild für die blockchainbasierten Prozesse bei PIEL | © PIEL

Im Rahmen von fünf Expertengesprächen haben wir mit Unternehmen darüber gesprochen, wie sie die Blockchain-Technologie erfolgreich in ihr Geschäftsmodell integrierten, wie sie blockchainbasierte Anwendungen entwickelten und welche Erfolgsfaktoren zur Etablierung eines blockchainbasierten Geschäftsmodells beitragen. Das dritte Unternehmen, mit dem wir gesprochen haben, ist: PIEL.

PIEL – Geschäftsprozessoptimierung mit Blockchain

PIEL ist eine 1918 gegründete Firma mit Hauptsitz in Soest. Das technische Großhandelsunternehmen bietet ein breites Produktportfolio an: von chemisch-technischen Produkten über Werkzeugtechnik bis hin zu Produkten für die Betriebshygiene. Zur Optimierung von Geschäftsprozessen nutzt das Unternehmen die Blockchain-Technologie.

Welche Erfolgsfaktoren zur Entwicklung und Implementierung der Blockchain-Lösung beigetragen haben, erläutert Mario Ernst, geschäftsführender Gesellschafter der PIEL GmbH, in unserem Interview.

Wofür wird die Blockchain-Technologie bei Ihnen eingesetzt?

Wir nutzen die Blockchain-Technologie in unserem Bestellprozess für die Kunden. Ziel ist es, die bestehenden Prozessschritte zu standardisieren und zu automatisieren, indem wir die Bestellung über Smart Contracts abwickeln.

Ausschlaggebend für unsere Entscheidung für die Blockchain-Technologie war der aktuelle Status quo: Derzeit arbeiten Herstellende und Kundschaft mit vielen verschiedenen Softwarelösungen – von eigenen Enterprise Resource Planning-Systemen (ERP) bis hin zu SAP-Produkten. Durch diese heterogene Systemlandschaft wird der Datentransfer zwischen den Systemen komplex und kostenintensiv, da entweder Schnittstellen eingerichtet oder Daten zum Teil manuell übertragen werden müssen. Viele Unternehmen legen zudem großen Wert auf ihre Datensicherheit. Daher ist es enorm wichtig, Vertrauen zu schaffen und die Daten bestmöglich zu sichern. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, bietet die Blockchain-Lösung ideale Grundlagen: Mit der Blockchain-Technologie können kosteneffiziente, sichere und vertrauensfördernde Anwendungen entwickelt werden.

Was ist das Besondere an Ihrer Blockchain-Lösung und warum haben Sie sich dafür entschieden?

Aktuell basiert unsere Blockchain-Lösung auf einer privaten Variante von Ethereum. Das bedeutet, wir administrieren und verwalten die Blockchain eigenständig. Das ist allerdings nicht so besonders und einzigartig – was aber auch nicht unser Ziel ist. Uns ist vor allem wichtig, Probleme effizient zu lösen, die in unserem Betriebskontext vorkommen. Wie wir das Problem lösen, ist für uns zweitrangig. In unserem Fall hat sich die Blockchain-Technologie angeboten. Der initiale Anstoß zur Nutzung von Blockchain kam dabei von außerhalb unseres Unternehmens: Bei einer externen Veranstaltung sind wir in Kontakt mit einem Fraunhofer-Institut gekommen. Das Forschungsinstitut hat damals Blockchain-Lösungen vorgestellt, die genau unser Problem tangiert haben. Daraufhin haben wir mit der Forschungseinrichtung ein gemeinsames Projekt gestartet, in dem wir Blockchain als Lösungsansatz für unser Problem weiterverfolgt haben.

Was ist der Mehrwert der Blockchain-Lösung für Sie und Ihre Kundschaft?

Die Automatisierung der Bestellprozesse bedeutet für uns einen enormen Effizienzgewinn. Die Auftragsabwicklung ist weniger komplex und beansprucht weniger Ressourcen. Dadurch können wir Kosten einsparen. Ein weiterer Vorteil liegt in der Kundenbindung. Blockchain schafft Vertrauen und baut datenschutzrechtliche Bedenken ab. Das ist natürlich auch ein Vorteil für unsere Kundschaft – diese müssen sich keine Sorgen um die Datensicherheit machen.

Wie sind Sie bei der Entwicklung vorgegangen?

Wie erwähnt, haben wir in Kooperation mit dem Fraunhofer-Institut ein einjähriges Projekt zur Blockchain-Einführung und Transformation unseres Bestellprozesses durchgeführt. Die konkrete technische Entwicklung wurde dabei in der Testumgebung bei Fraunhofer angegangen. Zusätzlich dazu haben wir einen unserer Praxispartner mit ins Boot geholt, um eine praxisnahe Entwicklung gewährleisten zu können. Dann haben wir gemeinsam einen Bedarfskatalog für die Blockchain erstellt. Das heißt, wir haben ermittelt, was die Blockchain alles können muss und wie diese in unserem Bestellprozess am besten implementiert werden kann. So haben wir geprüft, welche Daten gespeichert werden oder wie die Daten in die Blockchain gelangen. Dazu lässt sich anmerken, dass die technische Entwicklung an sich nicht kompliziert bzw. auch schnell umgesetzt war. Schon nach zwei Monaten gab es bereits einen ersten Prototyp. Das Komplizierte am Projekt und damit an der Entwicklung war die Kommunikation über drei Unternehmen hinweg. Die Hürde lag also eher auf organisatorischer als auf technischer Ebene.

Welchen Rat würden Sie Unternehmen geben, die sich mit Blockchain beschäftigen wollen?

Ganz wichtig ist es, zu schauen, welchen Mehrwert man durch den Technologieeinsatz, vor allem für die Zielgruppe, schafft. Die Kundschaft sollte immer im Zentrum der Betrachtungen stehen. Dann kann geschaut werden, wie dieses Ziel mit möglichst wenig Aufwand erreicht werden kann – Effektivität und Effizienz sind hier die Stichworte. Blockchain-Lösungen sollten also nur genutzt werden, wenn diese auch wirklich einen Mehrwert liefern.

Außerdem sollten sich Unternehmen vor der Implementierung von Blockchain klar machen, welche Auswirkungen das auf mögliche Partner hat und welche Ressourcen für die Umsetzung benötigt werden. Die Einführung von Blockchain-Lösungen macht es notwendig, sich entsprechendes Know-how einzukaufen. Wir bei PIEL haben dazu unser IT-Personal entsprechend weitergebildet und keine zusätzlichen Mitarbeitenden eingestellt.

Ein weiterer Aspekt, der vor dem Einsatz von Blockchain-Lösungen geprüft werden sollte, betrifft die Blockchain selbst. Man muss sich entscheiden, wie die Blockchain ausgestaltet werden soll: Nutzt ein Unternehmen bestehende Protokolle oder entwickelt es sie selbst? Soll eine private oder eine öffentliche Blockchain eingesetzt werden? Wo sitzen die Betreibenden der Blockchain? All diese Fragen sind wichtig und natürlich für jedes Unternehmen individuell zu beantworten.

Zu guter Letzt sind natürlich auch die Freude am Entdecken von neuen Sachen und der Wille zum Lernen von großer Bedeutung, wenn man Blockchain im eigenen Unternehmen einsetzen möchte.

 

Zum Expertengespräch: https://www.estandards-mittelstand.de/fileadmin/user_upload/Materialien/Sonstiges/211021_EG_PIEL.pdf


© PIEL

Newsletter-Icon Kontakt-Icon Lupen-Symbol