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Blockchain im Mittelstand: Expertengespräch mit Untitled INC

Symbolbild für Blockchain-Code

Wir haben im Rahmen von fünf Expertengesprächen mit Unternehmen darüber gesprochen, wie sie die Blockchain-Technologie erfolgreich in ihr Geschäftsmodell integrierten, wie sie blockchain-basierte Anwendungen entwickelten und welche Erfolgsfaktoren zur Etablierung eines blockchain-basierten Geschäftsmodells beitragen. Das letzte Unternehmen, mit dem wir gesprochen haben, ist: Untitled INC.

Untitled INC – ein Netzwerk rund um die Token Economy

Untitled INC bringt als Thinktank Verteter:innen etablierter Unternehmen und Oganisationen sowie Start-ups mit Expert:innen zusammen, um gemeinsam Projekte durchzuführen sowie Initiativen und Anwendungen rund um die Token Economy, die auf Blockchain, Distributed Ledger Technology & Cryptography basieren, zu entwickeln. Das Netzwerk wurde 2017 gegründet und kann mit seinen internationalen Mitgliedern auf einen breiten Erfahrungsschatz in diesem Bereich zurückgreifen.

Die Zielstellung des Netzwerks und wichtige Aspekte zur Anwendung der Blockchain-Technologie erläutert Dr. Oliver Krause, CEO der Advantum Ventures GmbH und Gründer von Untitled INC, in unserem Interview.

Was ist der Hintergrund und die Zielstellung von Untitled INC?

Untitled INC ist ein dezentrales Netzwerk mit aktuell ca. 30 Kolleg:innen, die ihr Wissen aus unterschiedlichen Fachgebieten und Branchen einbringen. Wir arbeiten an Projekten und Ventures, um die Potenziale der Blockchain-Technologie zu heben. Dabei tauschen wir uns nicht nur zu allen Aspekten der Token Economy aus, um neue Ideen zu entwickeln, sondern beraten Unternehmen, Organisationen und Start-ups auch dabei,

Prototypen und Lösungen zu bauen bzw. neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Darüber hinaus entstehen aus dem Netzwerk heraus auch immer wieder neue blockchainbasierte Ventures bzw. Unternehmen. Die Vision ist, das heute sehr informell gesteuerte Netzwerk über eine DAO (Decentralized Autonomous Organization) zu steuern. Dabei handelt es sich um eine Organisation, bei der die Mitglieder über Tokens an

Entscheidungen beteiligt sind. So kann eine transparente, virtuelle Organisation entstehen.

Welchen Herausforderungen steht das Netzwerk aktuell gegenüber?

Momentan tun sich Unternehmen noch schwer, die Potenziale der Blockchain-Technologie und, insbesondere, der enstehenden Token Economy in konkrete Produkte und neue Geschäftsmodelle umzusetzen. Sie haben nur wenig Kapazitäten beziehungsweise manchmal auch eine geringe Bereitschaft, nachhaltig Zeit und Geld in das Thema zu investieren. Ich sehe hier Parallelen zu anderen Tech-Trends, wie bei Software as a Service (SaaS)- und Plattform-Geschäftsmodellen, beim Internet of Things (IoT) oder bei der Künstlichen Intelligenz (KI). Es hat häufig viele Jahre gedauert, bis sich in diesen Feldern kommerziell erfolgreiche Unternehmen etablieren konnten. Deswegen sind reine Beratungsprojekte eher selten. In der Regel geht es bei unserer Arbeit mehr um den Aufbau von Innovationsprojekten oder Start-ups.

Sie sagten, dass aus Untitled INC heraus auch Ventures entstehen. Haben Sie ein Beispiel?

Gerne: Liquiditeam ist ein Startup, das seit 2019 an der Schnittstelle Blockchain, Fan-Engagement und Finanzierung für Sport und die Kreativwirtschaft entstanden ist. Beim Fan-Engagement nutzen wir die Möglichkeit, mit der Blockchain-Technologie neuartige Formen des Community Building umzusetzen. Wir bieten das Shopify des Fan-Engagement: eine hochflexible und individualisierbare SaaS-Lösung, mit der Sportclubs, Athlet:innen und Kreative ihre eigene Community aufbauen können, um die Fans zu beteiligen und direkt mit diesen zu interagieren. Sie werden damit unabhängiger von den großen Social-Media-Plattformen und können mit ihrer Community neue sowie fairere, digitale Geschäftsmodelle aufbauen.

Ein weiteres Produkt von Liquiditeam ist die Sports Invest Plattform, bei der Blockchain genutzt wird, um digitale Wertpapiere direkt auszugeben und so eine illiquide und schwer zugängliche Anlageklasse für ein breiteres Publikum an Fans und kleineren Investoren zugänglich zu machen.

Welche spezifischen Kenntnisse, Fähigkeiten oder Ressourcen halten Sie für die Entwicklung bzw. Integration von Blockchain-Lösungen für relevant? Welche Tipps können Sie KMU geben?

Grundsätzlich müssen sich KMU zunächst einmal vom Tagesgeschäft lösen und darüber nachdenken, welche Produkte und Services sie in Zukunft anbieten wollen, um im Markt zu bestehen. Dabei müssen die bestehenden Geschäftsmodelle hinterfragt werden und Überlegungen erfolgen, wie Blockchain-Lösungen diese verändern können. Das kann zum Beispiel der Ansatz sein, die Nutzungszeit einer Maschine zu monetarisieren, anstatt lediglich das Produkt zu verkaufen. Es geht um echte Innovation: Produkte und Services müssen besser, schneller oder preiswerter werden.

Wichtig ist, sich bewusst zu sein, dass der Aufwand der technischen Umsetzung einer Blockchain-Lösung meist nur bei fünf Prozent des ganzen Projekts liegt. Ein größerer Teil liegt in der Konzeption, der Umsetzung und der Einführung neuer Prozesse und Geschäftsmodelle sowie in der Integration in bestehende Systeme.

Warum sollten sich Unternehmen mit Blockchain beschäftigen? Was ist das Zukunftspotenzial?

Durch Blockchain und die damit eng verwobene Token Economy werden sich nicht nur Abläufe, sondern auch Geschäftsmodelle radikal verändern. Das sind Veränderungen, die wir aus heutiger Sicht noch gar nicht voll erfassen können – analog wie das beim Internet oder Plattformen wie Facebook oder Google war. Mit der Blockchain-Technologie ist es möglich, einzigartige digitale Objekte zu schaffen, sog. Tokens, die mit digitalen oder physischen Werten verknüpft sind und direkt zwischen einem Sender und einem Empfänger ausgetauscht werden können. Das Internet entwickelt sich so zu einem Internet der Werte (Internet of Value). Dadurch verändern sich Strukturen und Geschäftsmodelle grundlegend. Am Bankensektor sieht man zum Beispiel diesen starken Wandel bereits. Aber auch die Geschäftsmodelle von Facebook oder Google werden sich ändern. Es gibt bereits erste Ansätze, dass Nutzende für den Konsum von Werbung bezahlt werden – Daten erhalten also einen Wert und deren Wertschöpfung geht hin zu den einzelnen Netzwerkknoten (= Nutzer:innen). Ein anderes Beispiel wäre das Bereitstellen von persönlichen Daten (z. B. die eigene digitale Krankenakte) gegen Bezahlung zur Auswertung durch Pharmakonzerne. Für all das ist die Blockchain-Technologie essenziell. Allerdings muss sowohl die technische als auch die regulatorische Infrastruktur weiterentwickelt werden. Auch daran arbeiten wir.

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Foto: © Untitled INC

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