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Rückblick: Der deutsche Nachhaltigkeitspreis setzt auf Kreislaufwirtschaft, Lieferkette und Produktdesign

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Der deutsche Nachhaltigkeitspreis wird jährlich an Personen und Unternehmen vergeben, die sich in besonderem Maße für die Nachhaltigkeit einsetzen. Auf der zweitägigen Konferenz trafen sich zahlreiche Akteur:innen der Szene, aus zum Beispiel der Baubranche, des Handels oder Finanzwesens.

Zum Anfang stellten die meisten Redner den Status-Quo der Umwelt vor, um darzulegen, warum die Beschäftigung mit diesem Thema so dringlich ist. Der Autor Harald Welzer brachte die Situation treffend auf den Punkt, indem er aus Sicht der Menschheit die sozialen Entwicklungen der letzten zwei Jahrhunderte mit der starken Armutsreduktion, mehr Menschenrechten für viele Gruppen und besseren Lebensstandards positiv hervorhob. Gleichzeitig mahnte er davor, dass das Wirtschaftswachstum, welches diese Verbesserungen ermöglicht hat, vor allem auf der Zerstörung der Natur basiert und dass der Mensch anfangen solle, sich wieder mehr als Teil der Natur zu betrachten.

Zukunftweisend: Kreislaufwirtschaft, das Produktdesign und die Lieferkette

Vor allem ging es bei den meisten Vorträgen und Diskussionen aber um technologische Themen: zuallererst die Kreislaufwirtschaft, Lieferkette und das Produktdesign.

Zur Kreislaufwirtschaft stellten Unternehmen ihre Best Practices vor. Brands Fashion zeigte beispielsweise auf, wie Kleidung allein durch die Materialauswahl im Produktdesign langlebiger wird. Zusätzlich hat das Unternehmen nach über einem Jahr Bemühungen die Cradle-to-Cradle-Gold-Zertifizierung erlangt. Dies bedeutet, dass die Kleidung nach der Nutzung aufgrund der biologischen Abbaufähigkeit vollständig in den biologischen Materialfluss zurückgeführt werden kann. Dabei basiert der Erfolg vor allem auf der Zusammenarbeit mit Partnerunternehmen weltweit, mit Expertise und Ressourcen in anderen Bereichen.

Ein spannendes Best Practice in diesem Bereich für die Baubranche ist Imti Enterprises. Das Unternehmen hat den kompletten Lebenszyklus eines Gebäudes – von der Planung, über die Nutzung bis zur Wiederverwertung nach Lebensende – digitalisiert und die Gebäude kreislauffähig gestaltet. Nachdem im selbst entwickelten Planungstool das Gebäude baukastenartig designt wird, werden in der Produktion die Bausteine gefertigt und per Schiene so nah wie möglich an die Baustelle transportiert. Dort kann das Gebäude dann zügig aufgebaut werden. Der Grund: Alle relevanten Akteur:innen agieren auf der einen Plattform. Für die Nutzung in der Kreislaufwirtschaft ist vor allem die Materialauswahl und die Baukasten-Bauweise ausschlaggebend, die im Produktdesign definiert werden. Diese Aspekte ermöglichen es nach Ende des Produktlebens, dass es zu einem hohen Anteil wiederverwendet und in den technischen Materialfluss zurückgebracht werden kann.

Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz: ein Schritt in die richtige Richtung

Ein weiterer Schwerpunkt des Konferenzprogramms bildete das Thema Lieferkette. Vor allem angesichts des neuen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes stellen sich derzeit viele auch kleine und mittlere Unternehmen, die durch ihre Großkunden unmittelbar davon betroffen sind, Fragen bezüglich der genauen Anforderungen und Vorgehensweisen.

Von Umwelt- und Menschenrechtsverbänden wird kritisiert, dass keine konkreten Maßnahmen definiert sind, die die Unternehmen einleiten müssen. Ebenso sei die Momentaufnahme der zu erstellenden Reports unzulänglich, um langfristigen und kontinuierlichen Wandel herbeizuführen. Unternehmensverbände kritisieren hingegen, der Aufwand für die Erfüllung des Gesetzes sei zu hoch und gefährde die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen auf dem Weltmarkt. Ebenso seien Anforderungen nicht klar genug definiert und Unsicherheiten bezüglich des Vorgehens zu groß.

Man könne sich allerdings von Unternehmen was abgucken, die unabhängig einer rechtlichen Vorgabe ihre Lieferkette fest im Blick haben und die neu geforderten Verantwortungsbereiche, wie zum Beispiel Sklaverei, Kinderarbeit, Lohngleichheit und die Behandlung sowie Entsorgung von Schadstoffen durch ihre Einkaufsabteilung im Blick haben. So ist für Brands Fashion die Transparenz der Lieferkette die größte Herausforderung. Vor allem beim Einkauf außerhalb Europas muss mithilfe vertrauenswürdiger Partner vor Ort kontrolliert werden, wie die Verhältnisse in den produzierenden Lieferantenunternehmen wirklich sind. Dafür sollten langfristige Partnerschaften aufgebaut werden. Und das geht nicht vom Schreibtisch in Deutschland heraus, sondern es empfiehlt sich hier, in die jeweiligen Länder zu reisen und sich die Lieferkette vor Ort anzuschauen. 

Der Einsatz für Nachhaltigkeit lohnt sich

Ein großes Highlight der Konferenz sind die Preisverleihungen des deutschen Nachhaltigkeitspreises in unterschiedlichen Kategorien. Neben den Ehrenpreisen für wichtige Persönlichkeiten, wie Dr. Ursula von der Leyen für den europäischen grünen Deal und Prof. Hans Joachim Schellnhuber für seine Klimawandelforschung, wurden einige Unternehmen für ihre Anstrengungen gewürdigt. So wurde zum Beispiel das Unternehmen Sonett GmbH, das ökologische Wasch- und Reinigungsmittel herstellt, für seine Bestrebungen für eine Transformation zu einer nachhaltigen Gesellschaft ausgezeichnet. Den Sonderpreis Verpackung konnte die Büttenpapierfabrik Gmund GmbH & Co. KG für ihr ökologisches Hanfpapier sichern. Zuletzt wurden einigen Unternehmen noch der Nachhaltigkeitspreis Design vergeben. Für eine besonders disruptive Innovation in der Baubranche wurde die Häfele SE & Co KG belohnt, die eine Türzarge entwickelt hat, welche sowohl rein mechanisch ganz ohne Bauschaum montiert und wieder demontiert werden als auch sortenrein recycelt werden kann.

In punkto Nachhaltigkeit auch Mittelstand und Standards wichtig

Auch der Mittelstand wurde während der Konferenz oft erwähnt und bei den Preisverleihungen gewürdigt. Stefan Dahm, Vorstandsmitglied der Stadtsparkasse Düsseldorf, sieht in kleinen und mittleren Unternehmen den zentralen Kipppunkt für die Wirtschaft. Die Transformation der Wirtschaft hin zu einem nachhaltigen System würde regional stattfinden müssen. Es sei genau dort, wo vor allem lokale Mittelständler unterstützt werden müssten.  

Zuletzt wurde auch das Thema Standards öfter erwähnt. So kommentierten einige Redner:innen und Diskutierende, dass es im Themenbereich der Nachhaltigkeit, sowohl zu Prozessen als auch zu Datenaustausch bisher zu wenige Standards gäbe. Stattdessen gäbe es viele Ineffizienzen in internen Nachhaltigkeitsprojekten und in der unternehmensübergreifenden Zusammenarbeit. 

Fazit: Nachhaltigkeit ist auch für kleine und mittlere Unternehmen relevant

Die vielseitigen Beiträge während der Konferenz und den Preisverleihungen machten deutlich, dass die Nachhaltigkeit nun endgültig Einzug in die deutsche Wirtschaftslandschaft gehalten hat. Durch die bestehenden oder geplanten Gesetzesvorgaben, wie der CO2-Steuer oder dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, werden sich auch kleine und mittlere Unternehmen immer mehr mit dem Thema auseinandersetzen müssen. Wenn auch Sie eine Produkt- oder Dienstleistungsinnovation im Sinne der Nachhaltigkeit haben, bewerben Sie sich doch für den nächsten deutschen Nachhaltigkeitspreis. Die Aufmerksamkeit für Ihre Marke lohnt sich bestimmt!


Autor: Thomas Kampka

Copyright: Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum eStandards

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