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Nachhaltigkeits-Chancen und -Risiken von KI-Anwendungen im Mittelstand

Kompetenzzentrum eStandards KI Nachhaltig

In diesem Beitrag stellen wir wesentliche Anwendungsfelder von KI für Nachhaltigkeitsziele vor, zeigen anhand von Praxisbeispielen wie Machine Learning bereits eingesetzt wird und worauf dabei aus der Nachhaltigkeitsperspektive zu achten ist.

In dem Vortrag „Nachhaltigkeitschancen und -risiken von KI-Anwendungen in der mittelständischen Unternehmenspraxis“ im Rahmen der Reihe " KI für Frühaufsteher" wurden zentrale Anwendungsbereiche von sauberer Energie und nachhaltiger Produktion über zirkuläres Wirtschaften und Ernährung sowie Gesundheit bis zur nachhaltigen Mobilität und Logistikvorgestellt. Sie gelten u.a. als Schlüsselfelder der nachhaltig digitalen Doppeltransformation, in denen KI als mächtige Lösungsintelligenz eine neue Qualität der Analysen, Problemdiagnosen und Lösungsstrategien ermöglicht.

Künstliche Intelligenz (KI) gilt als Schlüsseltechnologie für die Digitalisierung an sich – aber auch für die Transformation zu mehr Nachhaltigkeit. Insbesondere dort, wo komplexe Vorgänge und Zusammenhänge bestehen, kann KI durch die Erkennung von Mustern helfen, diese besser zu verstehen.

Durch einschlägige politische Vorgaben und Förderprogramme, Medienberichte und die sich rasch entwickelnde Marktreife von KI in relevanten Anwendungsbereichen für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) haben ethische und Nachhaltigkeitsfragen einen neuen Grad an Dringlichkeit erlangt. KMU, die anders als Großunternehmen, im Regelfall weniger Zeit und Fachwissen besitzen, um sich diesen Fragestellungen zu widmen, stehen vor der Herausforderung, dass es trotz der hohen Bedeutung bisher an allgemein akzeptierten Rahmenbedingungen und Orientierung bietenden Praxisbeispielen mangelt.  

KI und Nachhaltigkeit in der Praxis

Die vorgestellten Praxisbeispiele, wie Presize.ai, Peat/Plantix und Smarter Sorting, illustrieren, wie Bedürfnisse und Ambitionen aus politischen Leitwerken, zum Beispiel den nachhaltigen Entwicklungszielen, dem europäischen Green Deal und der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie in Geschäftslösungen übersetzt werden können. Sie geben Antworten auf die Frage, welche ökonomisch erfolgreichen Geschäftsmodelle, Produkte und Dienstleistungen KI-basierte Softwarelösungen ermöglichen, die zugleich einen positiven Nettoeffekt auf Umwelt und Gesellschaft haben:

Presize.ai hat es sich zum Ziel gesetzt, eines der größten Probleme im Kleidungs-Online-Handel zu lösen: die Anzahl der Rücksendungen, die im Bereich Fashion und Accessoires bei fast 40 Prozent liegt. Dafür haben sie eine KI-gestützte Software für Onlineshops entwickelt, mit der Nutzer:innen ihren Körper mit ihrem Smartphone vermessen können, sodass Kleidungsstücke in der passenden Größe angeboten werden, was in einer reduzierten Retourenquote resultiert.

Die App Plantix von Peat bietet eine smartphone-basierte digitale KI-Beratung bei Krankheits- und Schädlingsbefall von Nutzpflanzen für Kleinbauern und -bäuerinnen und gibt Tipps zur Behandlung. Dadurch wird der Einsatz von Pestiziden passgenauer und reduziert, die Nahrungsmittelsicherheit wird erhöht und die gesammelten Daten stellen einen wertvollen Daten-Pool für das digitale Ökosystem-Monitoring dar.

Die KI-basierte Plattform von Smarter Sorting findet nachhaltige Wege im Umgang mit unverkäuflichen oder retournierten Produkten und hilft so, den Müll im Einzelhandel zu reduzieren. Ein Artikel wird eingescannt, eine intelligente Datenbank klassifiziert ihn anhand der Produktinformationen und -bestandteilen. Mithilfe von maschinellem Lernen werden nachhaltige und kosteneffiziente Entscheidungsoptionen vorgeschlagen.

Nische vs. Mainstream

Während sich in Nischen bereits vielversprechende KI-basierte Lösungen für mehr Nachhaltigkeit etabliert haben und zunehmend skalieren, besteht kein Zweifel daran, dass die Förderung von Nachhaltigkeit bei dem Gros der wirtschaftlichen Akteure bisher nicht das dominante Motiv für die Entwicklung von KI-Anwendungen ist. Wenig überraschend ist denn auch, dass die meisten der derzeit in KMU eingesetzten KI-Anwendungen in Bereichen wie Automatisierung, Assistenzsysteme, Sensorik, Wissens- und Ressourcenmanagement sowie Wartung und Qualitätskontrolle, mitunter als nicht nachhaltigkeitsfördernd eingestuft werden.

Risiken der Missachtung von Ethik- und Nachhaltigkeitsaspekten

Zu den wesentlichen Risiken der Missachtung von Ethik- und Nachhaltigkeitsaspekten gehören:

  • mangelnde Akzeptanz bei Mitarbeitenden und Kunden,
  • Diskriminierung, wie zum Beispiel bei Jobeinstellungen oder Kreditvergaben,
  • unverhältnismäßiger Energie- und Ressourcenverbrauch,
  • Förderung unnachhaltiger Produktions- und Konsummuster.

Ein Grund, KI-Anwendungen prinzipiell kritisch gegenüberzustehen? Nein, im Gegenteil, ihr Lösungspotenzial ist kaum zu überschätzen. Es ist nur festzuhalten, dass die Anwendung von KI nicht per se nachhaltig ist bzw. dazu beiträgt, unsere Gesellschaft nachhaltiger zu gestalten. Damit sie als Lösungsintelligenz ebendazu beiträgt, muss sie konsequent auf dieses Ziel ausgerichtet werden. Für Unternehmen, in denen dieses Kalkül nicht anschlussfähig ist, sollte zur Vermeidung von Geschäftsrisken als Mindestanforderung darauf geachtet werden, die wesentlichen Nachhaltigkeitskriterien bei der internen Entwicklung oder beim Einkauf von KI-as-a-Service zu berücksichtigen.

Als Startpunkte können dazu – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – die folgenden Leitfragen dienen. Sie können als Checklist und Denkanstoß dabei helfen, die relevanten Aspekte im eigenen Unternehmenskontext strukturiert zu erfassen.

Leitfragen im Kontext ökologischer Nachhaltigkeit

Kosten-Nutzen-Abwägung: Ist eine rechenintensive KI-Lösung notwendig oder reicht auch eine „klassische“ digitale Lösung? Wie steht das energieintensive Anlernen der KI im Verhältnis zu den ökologischen Vorteilen, die aus der Nutzung entstehen?

Wahl des Dienstleisters: Welche Hardware, Rechenzentren und Cloud- oder KI-Anbieter nutzen grüne Energie und haben Nachhaltigkeitsverpflichtungen?

Vorauswahl der Datensätze: Wie können die notwendige Datensätze für das Training einer KI durch Vorsortierung minimiert werden, um weniger Rechenleistung und damit Energieverbrauch zu gewährleisten?

Leitfragen im Kontext von Ethik & Recht

Autonomie & Kontrolle: Ist eine selbstbestimmte, effektive Nutzung der KI möglich?
Fairness: Behandelt die KI alle Betroffenen fair?
Transparenz: Sind Funktionsweise und Entscheidungen der KI nachvollziehbar?
Verlässlichkeit: Funktioniert die KI zuverlässig und ist sie robust?
Sicherheit: Ist die KI sicher gegenüber Angriffen, Unfällen und Fehlern?
Datenschutz: Schützt die KI die Privatsphäre und sonstige sensible Informationen?

Im Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum eStandards haben wir uns zum Ziel gesetzt, Ihnen Antworten auf die Fragen zu geben,

  • welche Vorteile es Ihnen bietet, Digitalisierung und Nachhaltigkeit zusammen zu denken,
  • welche konkreten Ansatzpunkte es in Ihrem Unternehmenskontext gibt,
  • und wie der Start am besten gelingt.

Autor: Arne von Hofe

Copyright: marchmeena29/canva

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