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Standards der Smart City

Standards der Smart City

In einer Gemeinschaftsveranstaltung vertieften das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum eStandards und HAGEN.BUSINESS die wichtigsten Themen des 21NOW Business Innovation Camps. Beim „21NOW Business Innovation Talk“ kamen Experten für neue Formen der Arbeit und smarte Mobilität an drei Orten virtuell zusammen: in der Offenen Werkstatt Hagen und zwei Coworking-Spaces in Lüdenscheid und Iserlohn. Von Hagen aus wurde die Veranstaltung live im Internet übertragen, die von dem Futurologen und Bestseller-Autor Max Thinius moderiert wurde.

In den Diskussionen wurde deutlich, dass vor allem mittelgroße Städte im Umland der Metropolen sich in naher Zukunft verändern müssen. Die wichtigsten Themen sind dabei nachhaltige Mobilitätskonzepte, Innenstadtentwicklung und Bildung. Um den Wandel erfolgreich zu gestalten, braucht es digitale Standards und übergreifende Kompetenzen, um diese Themen miteinander zu verknüpfen und strategisch zu entwickeln.

 

Zu Beginn Grußwort von NRW-Wirtschaftsminister Prof. Andreas Pinkwart

Jörg Siegmann, Hagener Projektleiter im Kompetenzzentrum eStandards begrüßte die Gäste und stellte das Veranstaltungskonzept im Rahmen der Aktivitäten des Kompetenzzentrums vor. Nach einer Videobotschaft von NRW-Wirtschaftsminister Prof. Andreas Pinkwart gab der Futurologe Max Thinius einen kurzen, aber umfassenden Ausblick auf Veränderungen durch die Digitalisierung. Dabei schlug er den Bogen von mittelalterlichen Wirtschaftssystemen wie der Hanse über die Phase der Industrialisierung bis zu seinen Zukunftserwartungen hinsichtlich Wirtschaft, Gesellschaft, Gesundheits- und Rentensystemen, Globalisierung, Handel, Handwerk und neuen Berufen. Der 21NOW Business Innovation Talk, so Thinius, beschäftige sich jedoch mit zukunftsträchtigen Entwicklungen, die in der Gegenwart bereits spür- und sichtbar seien, bzw. unmittelbar umgesetzt werden könnten. In den folgenden Talkrunden stellten Akteure aus dem Einzugsbereich der Offenen Werkstatt Hagen des Kompetenzzentrums eStandards ihre Konzepte vor.

 

Talk # 1: Clevere Mobilität ist vernetzt, nachhaltig und wirtschaftlicher als je zuvor

Olaf-Gerd Gemein vom Smart City Lab beteiligte sich online am ersten Talk. Nach seiner Meinung brauche es eine Zusammenarbeit von Stadtplanern und Wirtschaft, um digitale Infrastruktur für Smart Mobility zur Verfügung zu stellen. Das größte Hindernis sei die mangelnde Interoperabilität der Systeme. Man müsse jedoch in Gesamtsystemen denken: Nur mit systemübergreifenden Standards könne das Zusammenspiel von Smart Mobility und Coworking das Umland der Großstädte stärken.

In eine ähnliche Richtung denkt Dr. Michael Gerhard von der GeoMobile GmbH. Er hat eine App entwickelt, die sehbehinderten Menschen alle Informationen zur Nutzung des ÖPNV vom Smartphone über eine Sprachnachricht mitteilt. Seine Vision ist „das Smartphone als Fernbedienung für die Smart City zu nutzen“, also eine App, die als Standard möglichst viele Funktionen vereint. Dazu gehören zum Beispiel der Ticketkauf für den ÖPNV sowie digitale Bezahlfunktionen für Taxi, Parken und Car-Sharing.

Ralf Finger von der Wirtschaftsförderung Dortmund beschäftigt sich mit „CargoBike“, einem Gemeinschaftsprojekt mit der Industrie- und Handelskammer Dortmund, mit der gewerblichen Nutzung von Lastenfahrrädern. In einem Unternehmensnetzwerk mit mehr als 40 Teilnehmern bringen sie Hersteller, Nutzer, Forscher und Kommunen bei vierteljährlichen Netzwerktreffen zusammen. CargoBike versteht sich in erster Linie als Informations- und Kontaktbroker. Ralf Finger berichtete von einer aktuellen Testphase mit einem eBike mit einer Zuladung von 1 m3, resp. 250 kg.

Einen anderen Weg zu nachhaltigerer Mobilität geht ein Gemeinschaftsprojekt des Umweltamtes der Stadt Hagen in Zusammenarbeit mit der Hagener Wirtschaftsförderung HAGEN.BUSINESS: Nicole Schulte und Lisa-Marie Metz stehen kurz vor der Einführung ihrer App „Hagen Heroes“. Die App hilft dabei, persönliche Nachhaltigkeitsbilanzen zu verbessern und belohnt umweltbewusstes und gesundheitsförderndes Verhalten mit Bonuspunkten, die bei lokalen Partnern zu Vergünstigungen berechtigen.

 

„Ohne Standards führt jede Art von Digitalisierung in eine Sackgasse.“ – Erich Behrendt im Interview

Im Gespräch mit Moderator Max Thinius verdeutlichte Erich Behrendt vom Kompetenzzentrum eStandards den Zusammenhang von Coworking und Mobilität, und auf welche Voraussetzungen es ankommt. Nach seiner Auffassung braucht die Smart City „wirtschaftliche Lösungen statt Visionen“. Vernetzung und Interoperabilität seien nur mit Standards und Open-Source-Lösungen realisierbar, die proprietäre Anbieter dann anpassen. Behrendt: „Es will ja auch niemand 15 verschiedene Browser nutzen müssen, um im Internet zu surfen.“

Technisch und wirtschaftlich erfolgreiche Vernetzung ermögliche neue Formen von Zusammenarbeit, zum Beispiel in Coworking-Spaces sowie in der Aus- und Weiterbildung. Damit reduziere sich – zumindest für einen Teil der Gesellschaft – im Idealfall auch der Zwang zur Mobilität. Grundsätzlich sei heute, abgesehen von Metropolen wie Berlin, Hamburg oder Köln, der Individualverkehr in den allermeisten Regionen noch alternativlos.

Aufgabe des Kompetenzzentrums eStandards und der Förderinitiative Mittelstand-Digital sei es, Immobilienwirtschaft, Stadtplaner, Investoren und Coworking-Spaces zu unterstützen, nachhaltige Geschäftsmodelle für dritte Lern- und Arbeitsorte zu entwickeln.

 

Talk # 2: New Work, Coworking & Hubs: der dritte Lern- und Arbeitsort

Frank Höhne, Geschäftsführer von Office & Friends in Iserlohn und Olpe, und Jens Braeuker, Geschäftsführer von H4C in Lüdenscheid, schilderten ihre Erfahrungen mit der Markteinführung von Coworking-Spaces. Obwohl der Begriff „Coworking“ sich zunächst als erklärungsbedürftig erwies, konnten beide recht schnell mit ihren Konzepten Erfolge erzielen. Coworking-Spaces sind mehr als ein „gemieteter Schreibtisch“: Die Möglichkeit zur Vernetzung und die Nutzung repräsentativer Räumlichkeiten für Kundengespräche machen das Konzept zum Beispiel für Studenten, Kleinunternehmer, Privatleute, Freelancer, einzelne Mitarbeiter oder komplette Teams aus Unternehmen gleichermaßen attraktiv. Marie-Christin Junker von Office & Friends, Olpe, sagt: „Gerade eine extrem durchmischte Community bringt oft unerwartete Synergie-Effekte.“

Dr. Axel Minten, Vizepräsident im Bundesverband Coworking-Spaces, berichtete, dass in jüngster Zeit auch kleinere Kommunen großes Interesse an der Einrichtung von Coworking-Spaces haben. Kommunalpolitik und Unternehmen entdeckten aktuell die Themen „New Work“ und „Nachhaltigkeit“ als Standortfaktoren, um junge Leute zu binden, indem neben klassischen auch moderne Arbeitsformen geboten werden.

Im Gegensatz dazu, sagte Jörg Kemna, Hub-Manager Personal & Organisation bei der Business Metropole Ruhr, gibt es aber auch Menschen, die sich schwertun, in neuen Arbeitsumgebungen zurechtzukommen. Er selbst arbeitet in einer New-Work-Umgebung und schätzt die hohe Kommunikationsdichte mit viel Austausch und räumlicher Nähe. Der mit einem Wechsel zur reinen Projektarbeit verbundene Change-Prozess erfordere jedoch neues Führungsverhalten, um den Kontakt mit den Mitarbeitern zu halten.

Ähnliches gilt für das Thema „Führen auf Distanz“. Damit beschäftigt sich Constanze Schick vom Institut für wissenschaftliche Weiterbildung, einer Ausgründung der FernUniversität in Hagen. Kurz nach Gründung des Instituts mussten die insgesamt neun Mitarbeiter pandemiebedingt ins Home-Office – genau zu dem Zeitpunkt, zu dem man sich eigentlich gezielt mit Teambuilding beschäftigen wollte. Die eigenen Erfahrungen fließen so in die Weiterbildungsangebote für Führungskräfte – die überwiegend online durchgeführt werden – ein.

 

Der Abschluss-Talk: „Probleme sind Gelegenheiten, zu zeigen, was man kann“

Was bedeuten nun solche Entwicklungen und Tendenzen für eine mittelgroße Stadt wie Hagen? In der abschließenden Diskussion mit Volker Ruff, Geschäftsführer der HAGEN.AGENTUR, Prof. Dr. Claus Schuster, Rektor der Fachhochschule Südwestfalen und Constanze Schick vom Institut für wissenschaftliche Weiterbildung wurde deutlich, dass struktureller Wandel, Innovationen und Digitalisierung nur gelingen können, wenn alle Einzelmaßnahmen in eine standardbasierte Gesamtstrategie eingebunden werden. Das betrifft sowohl die digitale Transformation und Perspektiven für mittelständische Unternehmen und Stadtentwicklung, als auch die Bildung übergreifender Kompetenzen in Ausbildung und wissenschaftlicher Lehre sowie Weiterbildungsmaßnahmen für Führungskräfte und Arbeitnehmer. Übergeordnetes Ziel muss dabei sein, dass notwendige Veränderungsprozesse in allen gesellschaftlichen Gruppen akzeptiert werden.

 

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